Es hat nicht ganz gereicht. Nach einem hochspannenden Finale, das eine Werbung für das Frauenschach war, fehlten dem SK Schwäbisch Hall ganze 1,5 Brettpunkte auf die OSG Baden Baden, der die Titelverteidigung doch noch glückte, nachdem die Baden Badenerinnen nach dem Unentschieden gegen Hamburg und der Niederlage gegen Schwäbisch Hall zu Weihnachten schon abgeschlagen schienen. Verdienter Dritter wurde Hamburg, auch die Hamburgerinnen spielten bis zum Schluss um die Meisterschaft mit.
Doch nun zu den Ereignissen in Kiel. Am Samstag erledigten zunächst die Hallerinnen und die Hamburgerinnen ihre Pflichtaufgaben, dabei hatte Hamburg beim 4-2 gegen Deizisau mehr Mühe als Schwäbisch Hall beim ganz und gar ungefährdeten 6-0 gegen die Kieler Gastgeberinnen, die sich vorbildlich ums leibliche Wohl der Gäste und besonders aus Hamburg zahlreich gekommenen Zuschauer kümmerten, die Punkte aber den Gästen überließen.
Jana Zpevakova gegen Maria Franzenburg
Am Sonntag trafen dann Hamburg und Schwäbisch Hall aufeinander, und beide Mannschaften rüsteten nochmal gegenüber dem Samstag auf.
Nach diversen Verspätungen der Flüge agierte der Haller Betreuerstab flexibel und holte Alina Kashlinskaya und Iva Videnova kurzentschlossen am Hamburger Flughafen ab, da nicht klar war, ob sie den Bus nach Kiel noch erreichen würden. Damit erschienen sie nur wenig verspätet beim gemeinsamen Abendessen. Aber auch Hamburg hatte eine Überraschung: die Grand Prix Zweite Sara(sadat) Khademalsharieh spielte an Brett 2. Mit ihr hatte man nicht so richtig gerechnet, aber die Vorbereitung trotzdem auf ihr eventuelles Erscheinen abgestimmt. Der Grund, dass sie Samstag nicht spielte, war ein (trauriger) politischer, den keiner der Schwäbisch Haller auf der Rechnung hatte: für Deizisau spielt an Brett 2 Yuliya Naiditsch, die israelische Staatsbürgerin ist, und Iraner dürfen gegen Israelis nicht antreten, ohne Probleme mit ihrer Regierung zu bekommen. Dies wollte man Sara natürlich ersparen, obwohl die beiden Damen mit Sicherheit keine Probleme miteinander gehabt hätten.
Irina und Sara
Eine erste Ernüchterung war, dass zumindest aufstellungstechnisch die Schützenhilfe aus Bad Königshofen ausblieb. Während Baden Baden die Mannschaft nochmal verstärkte, spielte Bad Königshofen mit derselben Aufstellung wie am Vortag. Damit war Baden Baden im Fernduell mit Hamburg und Schwäbisch Hall klarer Favorit auf den Titel.
Marta Michna-Iva Videnova
In Hamburg verliefen die Partien zunächst ausgeglichen, erst nach 2,5 Stunden und zunehmender Zeitnot überschlugen sich die Ereignisse. Iva Videnova sorgte gegen Marta Michna für die 1-0 Führung, sie stand die ganze Partie über mit Schwarz aktiver und gewann im Königsangriff. Wiedermal war Iva exzellent vorbereitet und kam schon deutlich besser aus der Eröffnung.
Die Partie zwischen Judith Fuchs und Deimante Daulyte endete remis, ebenso kurz darauf die Partie von Ekaterina Atalik gegen die zweite Hamburger Iranerin Atousa Pourkashiyan.
Deimante spielte eine seltene Variante im sizilianischen beschleunigten Drachen und erlangte bequemes Spiel, das aber gegen die umsichtige Verteidigung von Judith Fuchs nicht reichte. Ekaterina war die ganze Partie am Drücker, stellte dann einen Bauern ein, konnte aber dank ihrer aktiven Stellung das Remis retten.
Monika Socko-Alina Kashlinskaya
Die Entscheidung für Schwäbisch Hall fiel am Spitzenbrett. Monika Socko, die alle ihre bisherigen Partien gewonnen hatte, stand gegen Alina Kashlinskaya mit Mehrbauer und Läuferpaar glatt auf Gewinn, als sie versuchte, auf Matt zu spielen und aufgrund einer Springergabel einen Läufer einstellte. Die entstandene Stellung verwertete Alina sicher zum Sieg. Das war die Vorentscheidung, da Karina Ambartsumova an Brett 6 2 Bauern gegen Diana Baciu mehr hatte und sich den Vorteil nicht mehr nehmen ließ.
Als letztes spielte wie so oft Irina Bulmaga, diesmal aber ohne Happy-End. Gegen ihre starke iranische Gegnerin gab sie zunächst einen Bauern, ließ dann ein Dauerschach aus, um selber auf Gewinn zu spielen und verlor nach einigen Verwicklungen am Ende im Endspiel. Wahrscheinlich war die Stellung zwischendurch auch mal gewonnen, allerdings war die Niederlage nur noch Ergebniskosmetik für die Hamburgerinnen, die trotz der Niederlage den Saisonabschluss als Dritter nach eine fantastischen Saison mit T-Shirts „Meister der Herzen“ feierten.
Baden Baden gewann am Ende sicher gegen Bad Königshofen mit 4,5-1,5 und hat in der Endabrechnung winzige 1,5 Brettpunkt Vorsprung vor Schwäbisch Hall.
Gespannte Warten auf das Baden Badener Ergebnis und die “Meisterinnen der Herzen”
Die verschiedenen Liveblogs aus Schwäbisch Haller, Hamburger und Baden Badener Sicht sorgten für zusätzliche Spannung, toll auch der Aufwand der Hamburger, die eine Liveübertragung der Partien ins Internet ermöglichten.
Die Hallerinnen spielten eine fantastische Saison, schlugen die Topmannschaften aus Baden Baden, Bad Königshofen und Hamburg und wurden erneut Vizemeister, nur einen Wimpernschlag vom Meister aus Baden Baden entfernt. Nach den Schwierigkeiten mit der Finanzierung zu Saisonbeginn konnte mit einem solchen Erfolg überhaupt nicht gerechnet werden.
Betreuer und Spielerinnen freuen sich jetzt auf die nächste Saison und sind guter Hoffnung, dass die Finanzierung dieses Mal einfacher und vor allem früher als im Vorjahr gesichert werden kann.