Die Grenke-Open in Karlsruhe werden immer größer. Nachdem im Vorjahr 1500 Spielerinnen und Spieler in der 3 Turnieren teilgenommen hatten, waren es diesmal (die Teilnehmer der Grenke-Chess-Classics inbegriffen) knapp über 2000.
Nachdem bei der ersten Auflage des Turniers noch alle Spieler in die Schwarzwaldhalle gepasst hatten, kam in den Jahren 2 und 3 die Nebenhalle dazu, und diesmal war auch diese Halle komplett voll, inzwischen spielt selbst ein Drittel des A-Turniers in dieser Halle. Dadurch hatten auch die Schiedsrichter lange Wege, Hauptschiedsrichter Jens Wolter sagte mir, dass er und seine Kollegen pro Tag um die 18km zurücklegten, obwohl das Schiedsrichterteam nochmal deutlich vergrößert worden war. Trotz der vielen Teilnehmer war die Organisation wieder perfekt, insbesondere auch die Spielbedingungen, bei kaum einem Turnier hat jeder Spieler so viel Platz wie hier.
Zu meinem Abschneiden im A-Turnier: ergebnistechnisch gibt es viel Luft nach oben, obwohl die Partien unsgesamt gar nicht so schlecht waren. Iirgendwie habe ich in diesem Turnier mit wenigen Ausnahmen immer erst angefangen Schach zu spielen, wenn die Stellung eigentlich schon verloren war. Ausnahme war die einzige Gewinnpartie in Runde 8 mit einem schönen Mattangriff, und auch da war die Eröffnungsbehandlung nicht ganz korrekt. Dafür spielte ich zweimal fast die letzte Partie im Saal – in Runde 1 musste mein Gegner mich mit Springer und Läufer mattsetzen (nachdem ich vorher das Remis ausgelassen hatte) und schaffte das auch nach einigen Anlaufschwierigkeiten und nur noch wenigen Sekunden auf der Uhr. In der letzten Runde wäre ich eigentlich mit einem schnellen Remis einverstanden gewesen, aber mein Gegner wollte nicht, und hier wurde es wirklich die letzte Partie im Turniersaal. Nach äußerst wechselvollem Verlauf fehlte mir am Ende die Zeit zum Mattsetzen mit dem Turm. Bei den Grenke-Open wird ja im Gegensatz zu den meisten anderen Turnieren noch ohne Fischerzeit (d.h. Zeitzugabe für jeden ausgeführten Zug) gespielt, daher ist die Zeit halt irgendwann um, außer man zieht die sogenannte Richtlinie III der Fide-Regeln, die eine Umstellung auf eine Bedenkzeit mit Inkrement beinhaltet. Allerdings enthält dieser Antrag immer ein Remisangebot, war daher in diesem Fall nicht anwendbar. Trotzdem sollte man diese Regel bei Turnieren ohne Zeitgutschrift kennen, was nicht bei allen Spielern der Fall ist – vor 3 Jahren kannte selbst Spitzenspieler Arkadij Naiditsch die Regel nicht und wurde durch den Antrag seines Gegners überrascht, und man sieht immer wieder Partien, bei denen Spieler unnötig durch Zeitüberschreitung verlieren. Bei diesem Turnier habe ich die Regel einmal tatsächlich gezogen, als ich in Runde 4 ein schlechter stehendes Turmendspiel verteidigen musste, was mir dann auch gelang. Man sieht also: zumindest lang gedauert haben fast alle meine Partien, die einzigen kürzeren Partien endeten mit Dauerschach bzw. Gewinn für mich.
Allgemein zum Turnier: gewonnen hat Daniel Fridman und sich damit für die Grenke Chess Classics im kommenden Jahr qualifiziert. Aus Schwäbisch Hall war noch Karina Ambartsumova am Start, als eine der Favoritinnen auf den Damenpreis schrammte sie daran knapp vorbei, schuld waren die Runden 6 und 8, als sie aus zwei Gewinnstellungen gerade mal einen halben Punkt holte. Erste bei den Damen wurde am Ende Yuliya Shvayger, die in der Frauenbundesliga für die SF Deizisau spielt.
Als einziger Vereinskollege aus Eppstein spielte wie in den Vorjahren Erich Zweschper mit, er landete nach schlechtem Start einen Punkt vor mir, er hatte das Glück, dass sich seine Gegner zweimal quasi selber umbrachten, allerdings schaffte er das auch in einer Partie.
Ein bemerkenswertes Ergebnis gab es in Runde 4: die 14-jährige Antonia Ziegenfuss aus Baden-Baden mit einer Elo von ca. 1950 gewann gegen das iranische Supertalent Alireza Frouzja, der mit 15 Jahren schon eine Elo von 2660 aufweist. Der Iraner stellte in etwas besserer Stellung einzügig einen Turm ein, vermutlich hat er gedacht, der Turm sei wegen Matt nicht zu nehmen, aber es wurde halt nicht matt. Vielleicht stand er auch noch unter dem Eindruck der Runde vorher – er wurde gegen einen Spieler aus Israel gelost und trat zu der Partie nicht an. Ihm ist da kaum ein Vorwurf zu machen, hätte er gespielt, hätten er und möglicherweise seine Familie massive Probleme daheim im Iran bekommen, also hatte er quasi keine andere Wahl. Leider erlaubt das zur Auslosung der Runden verwendete Programm nicht die Definition sogenannter “verbotener Paarungen”. Es ist traurig, aber so lange die Politik für solche Konflikte keine Lösungen findet, wird es solche Fälle immer wieder geben, dass die Konflikte zum Teil auf dem Rücken von Sportlern ausgetragen werden, die vermutlich auf persönlicher Ebene überhaupt keine Probleme miteinander hätten.
Eine interessante Personalie wurde bei dem Turnier noch bekanntgegeben: Hanna-Marie Klek, bestens bekannt als Spielerin des Schwäbisch Haller Reisepartners SF Deizisau in der Frauenbundesliga, wird ab Herbst nach Abschluss ihres Studiums Geschäftsführerin des Schachzentrums Baden-Baden, das unter anderem auch für die Organisation der Grenke Open und Grenke Chess Classics verantwortlich ist. Schon dieses Jahr spielte sie nicht mit, sondern war Teil des Organisationsteams des Turniers.
Weitere Informationen und alle Ergebnisse gibt es auf der Turnierseite. Hier eine Fotogalerie: